Dieser begann am Montag, dem 24. November 2025. Drei Tage lang standen der Nah- und Fernverkehr nahezu still. Am Dienstag streikte der öffentliche Dienst, woran sich auch Schulen und Kitas beteiligten und am Mittwoch folgte der Privatsektor. Flughäfen, Bahnhöfe sowie zahlreiche Betriebe kamen zum Erliegen. In vielen Unternehmen stand die Produktion still. Auch Hafenarbeiter schlossen sich dem Streik an. Laut dem Verband belgischer Unternehmen (VBO) entstand dadurch ein wirtschaftlicher Schaden von mehreren hundert Millionen Euro. So konnte die belgische Arbeiterklasse Druck auf die Regierung ausüben, denn ihre Politik richtet sich ein weiteres Mal gegen die Interesse der Arbeiterinnen und Arbeiter.
Aber was ist los in Belgien und warum kommt es gerade jetzt zu einem Generalstreik?
Blicken wir einigen Monate zurück, wird klar, dass unser Nachbarland durch bewegte Zeiten geht. Belgien gehört zu den am höchsten verschuldeten Ländern der EU mit beinahe 700 Milliarden Euro Schulden (106,2% des BIP). Nur Griechenland, Italien und Frankreich weisen höhere Schulden auf. Die Zahl der Insolvenzen ist so hoch wie nie zuvor und damit verbunden erreichte die Zahl der Entlassungen 2024 einen Höchststand der letzten fünf Jahre. Auch die Inflation macht vor den Landesgrenzen nicht halt und ist stark spürbar. Die Preise steigen, das Leben wird teurer und die Kaufkraft sinkt.
Um diese Schulden „in den Griff“ zu bekommen, legt die Regierung einen Sparplan nach dem anderen vor und wälzt die Last auf den Rücken der Arbeiterklasse ab.
Seit der Bildung der sogenannten Arizona-Koalition Anfang Februar regiert eine Mitte-Rechts Regierung das Land, angeführt von der nationalistischen Partei N-VA. Auch Premierminister Bart De Wever gehört dieser Partei an. Seitdem kommt es regelmäßig zu Protesten gegen die arbeiterfeindliche Politik. Die Proteste begannen kurz nach der Regierungsbildung, als De Wever Kürzungen in Höhe von 20 Milliarden Euro ankündigte, um die Staatsverschuldung zu bremsen. Es wurde sofort klar, dass auch diese Regierung nicht im Interesse der belgischen Arbeiterklasse handeln würde, sondern im Gegenteil im Interesse des Kapitals. Ein Beweis dafür ist die Abwälzung der Staatsschulden auf die ohnehin immer ärmer werdenden Arbeiterinnen und Arbeiter, während sich in Belgien Superreiche häufen, da es keine Vermögenssteuer gibt.
Die ersten Proteste mit Zehntausenden Teilnehmern fanden im Dezember 2024 statt, gefolgt von Streiks am 13. Januar und am 13. Februar. Seit über einem Jahr kämpfen die Arbeiterinnen und Arbeiter unermüdlich gegen die zunehmenden Angriffe auf ihre Rechte. Der erste Generalstreik fand am 31. März statt. Im Oktober 2025 protestierten 140.000 Menschen gegen die Kürzungspolitik. Und schließlich kam es Ende November zum mehrtägigen Generalstreik, der die Wirtschaft lahmlegte.
Auslöser für den jüngsten Generalstreik waren die Haushaltspläne der Arizona-Regierung
Vor allem die geplante Rentenreform sorgt für berechtigte Empörung, da die Renten vieler Arbeiter um mehrere Hundert Euro niedriger ausfallen würden. Die Rente soll um 5% für jedes Jahr sinken, das vor dem offiziellen Renteneintrittsalter in Anspruch genommen wird. Eine Reform, von der gut 50% der Beschäftigten betroffen sein werden. Nicht nur sollen die ausgezahlten Renten reduziert werden, auch das Renteneintrittsalter soll von 65 auf 67 Jahre steigen. Doch die Angriffe beschränken sich nicht auf die Rente. Das Arbeitslosengeld soll auf zwei Jahre begrenzt werden, Strom-, Gas- und Benzinpreise sollen steigen, die Mehrwertsteuer soll erhöht werden, bei den Kitas soll gekürzt werden und die Arbeitsstunden der Lehrer sollen ohne entsprechende Entlohnung steigen. Gleichzeitig steigen die Rüstungsausgaben (derzeit 1,3% des BIP), nicht zuletzt um die NATO-Forderung nach mindestens 5% des BIP für die Verteidigung zu erfüllen.
Das sind nur einige der Angriffe, denen sich die belgische Arbeiterklasse entgegen stellen muss. Jeder Protest gegen diese Politik ist gerechtfertigt und wird von uns begrüßt! Unsere Solidarität gilt unseren Kolleginnen und Kollegen, die für ihre Interessen kämpfen.
Trotz Streik und Druck auf die Regierung wurde der Haushaltsplan beschlossen. Der Widerstand blieb jedoch nicht völlig erfolglos. Die Erhöhung des Renteneintrittsalter wurde auf 2030 verschoben, wenn auch nicht zurückgenommen. Jetzt heißt es: nicht aufgeben, sondern entschlossen weiterkämpfen. Wir stehen an der Seite unserer belgischen Kolleginnen und Kollegen!




