Tarifrunde der Länder: Kampf gegen den Sparkurs

Unter dem Vorwand knapper Kassen und im Schatten der milliardenschweren Aufrüstung sollen die Beschäftigten erneut mit schlechten Ergebnissen abgespeist werden - doch es gibt Bewegung.

Bei den Gewerkschaften GEW und ver.di laufen bis Ende Oktober die Mitgliederbefragungen, in der sich Beschäftigte und Beamte der Länder beteiligen können. Auch die Initiative TV-Stud, die für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte kämpft, führt Befragungen in diesem Rahmen durch. Die Ergebnisse sollen die Grundlage bilden für die Forderungen der Gewerkschaften, die am 17. November vorgestellt werden sollen. Obwohl die Arbeitgeberseite, der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, sich noch nicht zu Wort gemeldet hat, ist davon auszugehen, dass inmitten des „Herbst der Reformen“ unter Vorwand der „schwierigen finanziellen Lage der Länder“ die Beschäftigten mit schlechten Ergebnissen abgespeist werden sollen. Denn die Haushaltskürzungen, die die Bundesregierung zugunsten der hunderte-Milliarden-schweren Aufrüstung durchführen möchte, stehen zweifellos im Widerspruch zu den dringend benötigten Entlastungen und Lohnerhöhungen für die Angestellten der Länder.

Die am 3. Dezember beginnenden Tarifverhandlungen betreffen rund 2,5 Millionen Beschäftigte in 15 Bundesländern in Deutschland und umfassen Bereiche wie Schulen, Hochschulen und Verwaltung.

Da die Arbeitgeberseite die Arbeitgebervereinigung der Bundesländer ist, stehen die Forderungen der öffentlich Beschäftigten immer in direktem Zusammenhang mit den öffentlichen Haushalten, so auch bei der Tarifrunde der Länder. Bereits die letzte Tarifrunde 2023 wurde mit den Worten „Guter Kompromiss in schwieriger Zeit“ beendet. Zur Erinnerung: Es wurde unter anderem die Erhöhung der Tabellenentgelte um 10,5%, mindestens aber um 500 Euro gefordert. Der Arbeitgeberverband sprach hierbei davon, dass dies „keinerlei Rücksicht auf die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Länder“ nehme und „in der Summe daher nicht akzeptabel“ sei. Und berief sich darauf, dass „gerade in Krisenzeiten (…) der öffentliche Dienst ein guter und sicherer Arbeitgeber“ sei. Während in Deutschland zehntausende Stellen gestrichen werden und das Bürgergeld abschafft wird, treiben solche Aussagen die Beschäftigten immer weiter in die Enge und sind ganz nach dem Motto „friss oder stirb“.

Davon, dass die Beschäftigten bereits heute die jahrzehntelange Sparpolitik und Sozialkürzungen am eigenen Leib spüren und sich mit immer prekäreren Arbeitsbedingungen konfrontiert sehen, will der Arbeitgeber ablenken. Denn sie sind es, die in den maroden Schulen, veralteten Verwaltungen und unterfinanzierten Krankenhäusern und Kitas arbeiten und mit Überstunden, Stress, Burnout und Reallohnverlust den Preis für diese Politik zahlen.

Die Tarifrunde im Öffentlichen Dienst zu Beginn des Jahres hat bereits eindrücklich gezeigt, welchen Kurs die Politik gegenüber den Problemen der Beschäftigten einschlägt. Statt der geforderten Entlastung durch weitere Urlaubstage und Arbeitszeitverkürzung bekamen die ÖD-Beschäftigten eine Anhebung der wöchentlichen Arbeitszeit auf bis zu 42 Stunden unter dem Deckmantel der Flexibilisierung aufgebürdet. Auf Überlastung durch Personalmangel, ob in Behörde, Schule, Krankenhaus oder Kita, reagiert der Staat mit der Verlängerung der Arbeitszeit. Die Debatten darüber, dass Renteneintrittsalter anzuheben und den 8-stündigen Arbeitstag abzuschaffen, schlagen dabei in die gleiche Kerbe. Während viele öffentlich Beschäftigte in ihren Jobs auf dem letzten Zahnfleisch gehen, verschärft der Staat die Angriffe auf die Beschäftigten.

Im Rahmen der TV-L ist auch die Initiative TVStud aktiv, die für einen Tarifvertrag für studentische Beschäftigte kämpft. Hierauf sollte an den Hochschulen ein besonderes Augenmerk gelegt werden, denn die Unterfinanzierung der Lehre und die schlechten Studienbedingungen sind Resultat der gleichen Ursachen. Studentische Mitarbeiter werden als billige Arbeitskräfte in der Lehre ausgenutzt und prekär beschäftigt – oft mit kurzen, befristeten Verträgen, hohen Überstunden und schlechter Bezahlung. Gleichzeitig wird auch in den Ländern in der Bildung immer mehr gespart:

Sei es in Hessen, wo mit dem Hochschulpakt ein Finanzierungsloch von beinahe einer Milliarde Euro droht oder in Hamburg, wo in jeder Fakultät 4,5% eingespart werden müssen und der Semesterbeitrag um 40€ erhöht wurde. Von diesen Kürzungen ist von universitären Mittelbau über die studentischen Beschäftigten bis hin zu den Studierende so gut wie jede Person an der Uni betroffen. Der sich nun regende Widerstand gegen die Sparpolitik ist deshalb unabdingbar. In Hessen riefen GEW und ver.di gemeinsam mit den Interessensvertretungen der Studierenden zu den Protesten auf und brachten Forderungen für mehr Geld in die Bildung, statt für die Aufrüstung auf die Straße.

Denn mit der Unterfinanzierung der Unis und Hochschulen und fehlenden Zivilklauseln, findet unter dem Dual-Use-Prinzip die Bundeswehr und die Forschung für Militär und Rüstung immer mehr Einzug in Bildungseinrichtungen. Auch in Hamburg bildet sich durch die 4,5% – Kürzungen Widerstand an der Universität. Neben dem AStA und den Fachschaftsräten, die aus ihrem Fachbereich über die konkreten Auswirkungen der Kürzungen Bescheid wissen und die Interessen ihrer Fachschaft vertreten, gibt es politische Vereine und Initiativen sowie TVStud, die sich am Kampf gegen die Kürzungen beteiligen. Auch sollte es angestrebt werden, den Mittelbau sowie nicht-wissenschaftliche Mitarbeiter der Unis für diesen Kampf zu gewinnen. Denn mit jeder organisierten Fachschaft, jedem Mitarbeiter in der Bibliothek oder Café, jedem Dozierenden, jedem studentischen Beschäftigten, der sich an den Protesten beteiligt, jeder Diskussion im StuPa, bei der die Kürzungen thematisiert werden, wird geschlossen gezeigt, wie breit die Forderungen nach einer ausfinanzierten Lehre, einem bezahlbaren Studium und einem Tarifvertrag geteilt und verteidigt werden.

Die weitreichenden Kürzungen von Sozialleistungen und die bevorstehenden Angriffe auf die Arbeitsbedingungen der öffentlich Beschäftigten sind die direkte Konsequenz aus der rasanten Aufrüstung Deutschlands. Denn das Ziel der Bundesregierung, in Zukunft 5% des BIPs für die Kriegstüchtigkeit Deutschlands auszugeben, bedeutet übersetzt, dass über 220 Milliarden Euro jährlich – also beinahe der halbe Bundeshaushalt – in die Bundeswehr und kriegswichtige Infrastruktur fließen sollen. Einen Teil dieser Summe versucht der Staat also durch Einsparungen zu erreichen und einen weiteren Teil wird er bei der anstehenden Tarifrunde der Länder versuchen den Beschäftigten abzutrotzen, beispielsweise durch die Anhebung der Arbeitszeit, wie bei der Tarifrunde im öffentlichen Dienst. Den Beschäftigten sowie den Studierenden muss also klar sein, dass sie ihre Forderungen nicht nur entgegen des Sparkurses erheben und durchsetzen müssen, sondern dass ihre Forderungen auch in einem grundsätzlichen Widerspruch zur deutschen Kriegstüchtigkeit stehen und darum muss sich auf besonders erbitterten Widerstand der Arbeitgeberseite eingestellt werden.