Schüler von Offizier wegen Meme angezeigt

Ein Schüler wird von einem Offizier der Bundeswehr aufgrund eines geteilten Memes auf Instagram angeklagt? Das klingt wie ein Scherz…

Es handelt sich jedoch um die bittere Realität. Ein Freiburger Schüler wurde angezeigt, weil er einen bundeswehrkritischen Post veröffentlicht haben soll.

Was ist passiert?

Im Februar 2025 fand am Angell-Gymnasium in Freiburg der Besuch eines Jugendoffiziers der Bundeswehr statt. Anschließend teilte ein damals minderjähriger Schüler ein Meme (eine Art von Inhalt, meist ein Bild, ein Video oder Text, humorvoller oder sarkastischer Natur)auf Social-Media. Es zeigte ein bearbeitetes Foto des Offiziers im Klassenraum, auf dem dieser vor der Klasse mit einem Gewehr zu sehen ist. Auf dem Bildschirm im Hintergrund steht die Aufschrift „Jugendliche an der Front verheizen – ABER WIE?“. Außerdem ist der Schriftzug „Also Kinder, wer von euch würde gerne an der Ostfront sterben?“  zu erkennen. Nach der Veröffentlichung zeigte der Offizier einen Oberstufenschüler wegen Beleidigung an. In den kommenden Wochen wird entschieden, ob es zu einem Verfahren kommt. Doch es blieb nicht bei der Anzeige: Der damalige Schüler soll nach eigenen Angaben von der Schulleitung eingeschüchtert und ihm mit einem Schulverweis gedroht worden sein.

Eine Anklage wegen eines Memes – ist das nicht übertrieben?

Was auf dem ersten Blick völlig übertrieben wirkt, muss im Kontext der Aufrüstung und der Militarisierung der Gesellschaft, insbesondere der Jugend, gesehen werden. Während die Aufrüstung Deutschlands auf Hochtouren läuft und durch Hunderte Milliarden finanziert wird, kämpft die Bundeswehr darum, ihre Zahl an Soldaten zu erhöhen. Trotz zahlreicher Lockangebote für die Anwerbung junger Menschen, wie „sicheres“ Einkommen, Kameradschaft und weitere Vorteile, werden die Zielzahlen nicht erreicht.

Aktuell umfasst die Bundeswehr rund 180.000 Soldaten und soll bis 2031 auf 280.000 Soldaten und 200.000 Reservisten erweitert werden. Um ihre Anzahl an Soldaten zu steigern, spielen Schulen eine Schlüsselrolle. Schülerinnen und Schüler werden innerhalb der Schulen jahrelang der bürgerlichen Propaganda ausgesetzt. Geschichte und Politik werden im Sinne der Herrschenden gelehrt und während die Meinungsfreiheit bezüglich des Genozids in Palästina eingeschränkt wurde und Schüler bei Solidaritätsbekundungen mit dem palästinensischen Volk mit starken Konsequenzen rechnen mussten, hängt an fast jeder deutschen Schule eine Ukraine-Flagge.

Die Jugend soll folgsam und vom deutschen Staat überzeugt die Schulen verlassen. Ein Mittel dazu sind auch die Unterrichtsbesuche der Bundeswehr. So gängige Praxis, dass die Bundeswehr in die Schulen kommt und für eine Karriere in ihren Reihen wirbt. Im Koalitionsvertrag wurde eine weitere Stärkung der Rolle der Jugendoffiziere festgehalten. Da zeigt sich in der Praxis: Die Unterrichtsbesuche haben sich seit 2020 mehr als verdoppelt. Im vergangenem Jahr kam es in mehr als 6.000 Fällen dazu. Auch auf Berufsmessen sind sie meist mit großen Ständen vertreten.

Die Überzeugung der Jugend, sich für ihre Kriegspolitik einspannen zu lassen, ideologisch wie aktiv als Teil der Bundeswehr, ist für das deutsche Kapital zentral. Es werden keine Kosten gescheut, um die Armee zu erweitern und sicherzustellen, dass der deutsche Imperialismus in Zeiten der Neuaufteilung zwischen den Großmächten mitmischen kann. Auch wenn eine Mehrheit in Deutschland sich für die Wiedereinführung der Wehrpflicht ausspricht, ist bemerkenswert, dass bei den 18- bis 26-Jährigen der Trend in die entgegengesetzte Richtung läuft: Dort lehnen  61% die Wehrpflicht ab.

Aber die Propaganda endet nicht an den Schultoren. Seit Jahren begegnet uns die Werbung der Bundeswehr an jeder Straßenecke. Das Bewusstsein der Gesellschaft wird durch Kriegspropaganda und Angstmacherei in den Medien geprägt. Täglich hören wir von russischen Angriffen und einer „russischen“ Gefahr, die immer näher rücke. Die dahinterstehenden geopolitischen Interessen der NATO und des deutschen Imperialismus, wie der Zugang zu Rohstoffen, strategische Lagen und Einfluss werden verschleiert. Uns wird eingetrichtert, Deutschland kämpfe für unsere Freiheit und Demokratie. Doch von wessen Freiheit ist die Rede? Und von welcher Art Demokratie?

Von einer Demokratie, in der der Protest eines Schülers gegen Bundeswehrbesuche an Schulen mit einer Anzeige beantwortet wird. Von einer Demokratie, in der Kritik an der Bundeswehr und an den immer wieder aufgedeckten faschistischen Strukturen innerhalb der Truppen mit Einschränkung der Meinungsfreiheit beantwortet wird. Während die Bundeswehr um jeden jungen Menschen wirbt, wird jeder Gegenprotest konsequent mit Repression beantwortet.

Dieser Vorfall zeigt, wie weit der deutsche Staat bereit ist zu gehen, um den Protest gegen seinen Kriegskurs zu zerschlagen. Es wird deutlich, dass immer wieder neue Verschärfungen vorgenommen werden, um unsere Rechte einzuschränken und die Politik der Herrschenden durchzudrücken. Die Bundeswehrbesuche dienen dazu, junge Menschen für ihre Zwecke zu gewinnen und vom Kriegskurs Deutschlands zu überzeugen. Deshalb gilt: Die Bundeswehr hat an unseren Schulen nichts zu suchen!

Die Repression, die den ehemaligen Schüler trifft, bleibt jedoch nicht unbeantwortet: Viele Jugendliche solidarisieren sich mit ihm, organisieren Solidaritätsaktionen und beteiligen sich am Spendenaufruf, mit dem bereits über 1.500€ gesammelt wurden.

Was bedeutet das für uns?

Während Repression und Einschüchterungsversuche immer weiter zunehmen (nicht zuletzt durch die Debatte um die Wiedereinführung der Berufsverbote im öffentlichen Dienst), dürfen wir uns von unserem Protest nicht abbringen lassen.

Erst gestern (13.11.25) haben sich die Koalitionspartner auf die Details für das neue Wehrdienstgesetz geeinigt. Darin heißt es, dass ab Mitte 2027 alle jungen Menschen (beginnend mit dem Jahrgang 2008) zu ihrem 18. Geburtstag einen Fragebogen zur Wehrerfassung erhalten sollen. Die Beantwortung ist für junge Männer verpflichtend, für junge Frauen freiwillig. Anschließend soll eine verpflichtende Musterung aller jungen Männer nach und nach eingeführt werden, bis sie auf den gesamten Jahrgang ausgeweitet ist. Genau festgelegt ist, wie viele Soldaten jedes Jahr hinzukommen sollen.

Sollten sich trotz der zahlreichen Lockangebote, wie 2.600€ monatlicher Lohn, Zuschläge für Führerschein etc., nicht genügend Freiwillige melden, wird die sogenannte Bedarfswehrpflicht in Kraft treten. Das bedeutet: „Der Bundestag entscheidet durch Gesetz über die Einsetzung einer Bedarfswehrpflicht, insbesondere wenn die verteidigungspolitische Lage oder die Personallage der Streitkräfte dies erforderlich macht.“ Dann könnte über ein Losverfahren ggf. der gesamte Jahrgang zwangseingezogen werden.

Die verpflichtende Musterung aller jungen Männer, ermöglicht es, einen Überblick über potenzielle künftige Soldaten zu gewinnen und eine Zwangsrekrutierung bei Bedarf effektiver umzusetzen. Da die Bundeswehr seit Jahren ihre Rekrutierungsziele verfehlt, ist anzunehmen, dass diese Bedarfswehrpflicht nicht lange auf sich warten lässt.

Am 5. Dezember soll das Gesetz im Bundestag verabschiedet und bereits am 1. Januar 2026 in Kraft treten. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler protestieren bundesweit gegen diese Wehrpflicht, die über ihre Köpfe hinweg entschieden wird. Schon jetzt rufen Schülervertretungen und politische Organisationen am 5. Dezember zum Schulstreik und zu Protestaktionen auf. Denn wir Jugendliche wissen: Wir haben in ihren Kriegen nichts zu gewinnen und wir werden ihre Musterungen und ihre Wehrpflicht, die uns auf Töten und Sterben vorbereitet, nicht widerstandslos hinnehmen!