Die beiden Männer führten auf einer 20 Meter hohen Hebebühne Reparaturarbeiten an einer Container-Verladebrücke durch. Dabei soll ein dritter Mitarbeiter eine weitere Container-Verladebrücke in Bewegung gesetzt haben, wobei diese gegen die Hebebühne prallte, auf der die beiden Männer arbeiteten. Beide fielen in die Tiefe und wurden von der Hebebühne, die dabei umkippte, erschlagen. Der 83-Jährige war sofort tot, der 64-Jährige erlag am Abend seinen Verletzungen. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen gegen den dritten Kollegen wegen fahrlässiger Tötung aufgenommen. Oftmals werden solche Unfälle als „menschliches Versagen“ oder „tragische Arbeitsunfälle“ abgestempelt. Doch dabei handelt es sich schon um den 11. und 12. offiziellen Todesunfall dieses Jahres bei der Bahn, wobei die Dunkelziffer noch höher sein dürfte.
Doch da kommen nun immer mehr Fragen auf. Warum arbeitete dort ein 83-jähriger? Warum übten beide ältere Männer gefährliche Reparaturen in 20 Metern Höhe aus? Was war mit der Arbeitssicherheit? Und was wird getan, um so etwas zukünftig zu verhindern? Zunächst sollte niemand mehr mit 83 Jahren arbeiten müssen! Hinzu kommt, dass das Risiko für tödliche Arbeitsunfälle mit dem Alter steigt. Von 2009 bis 2016 waren über 30 % der tödlichen Arbeitsunfälle 50–60-Jährige und über 17 % 60–70-Jährige. Somit steigt das Risiko der tödlichen Arbeitsunfälle mit steigendem Alter, was zeigt, wie schamlos die Arbeitgeber, in dem Falle Deutsche Umschlaggesellschaft Schiene-Straße (DUSS), eine Tochtergesellschaft der DB InfraGO, die Arbeitskraft älterer Kollegen mit lebensgefährlichen Aufträgen ausnutzen. Die Arbeiter verloren ihr Leben, die Familien unersetzbare Personen. Der Arbeitgeber verlor zwei Arbeiter. Doch der Arbeitgeber wird im nu zwei Neue einstellen und die beiden Verlorenen ersetzen.
Nicht genug, dass die Arbeitssicherheit oftmals nicht ausreicht oder unter solch einem Druck gearbeitet werden muss, dass schnell Fehler passieren. Vor allem wenn mit Kürzungen und Stellenabbau gedroht wird und wir Arbeiter gezwungen sind, noch schneller, effizienter und länger zu arbeiten. Mit dem aktuellen Sanierungsprogramm S3 der Deutschen Bahn verschlechtert sich die Lage der Angestellten weiter, auch in der Arbeitssicherheit, wie ein Auszubildender berichtet: „In unserer Ausbildung kriegen wir keine Stirnlampen vom Betrieb gestellt, obwohl wir auch bei Dunkelheit und Nebel arbeiten. Und wie jeder weiß, sind Bahnhöfe sehr gefährliche Orte. Dazu meinten unsere Vorgesetzten, dass wenn ein Unfall passiert, wir nicht mit der Presse reden sollen, denn sowas könnte das Unternehmen schlecht dastehen lassen. Das ist ein ungutes Gefühl.“
Der tödliche Unfall in Köln ist kein Einzelfall, sondern spiegelt das Risiko und die teils schlechten Arbeitsbedingungen wider, unter denen Angestellte oftmals Gefahren ausgesetzt sind nur um ihr tägliches Brot zu verdienen (wie auch der Amazon Mitarbeiter, der tot auf der Toilette gefunden wurde, nachdem er mehrmals versuchte, sich krankzumelden). Dabei ist auch zu sehen, dass die Unternehmen in der aktuellen Lage wenig Interesse haben, die Arbeitssicherheit tatsächlich zu erhöhen, weil sie dafür bezahlen müssten. Stattdessen werden Arbeitsplätze gestrichen, der 8-Stunden-Tag aufgeweicht und es soll über die Rente hinaus gearbeitet werden. Oftmals werden Unfälle mit weiteren Richtlinien oder Regeln abgetan – passiert ein Unfall, dann ist es angeblich einzig und allein die Schuld des Arbeiters. In diesem Fall wird die Schuld bei dem Kollegen, der die Container-Hebebrücke bewegte, gesucht, nicht aber bei den Arbeitsbedingungen und Sicherheitsvorkehrungen, die diese Situation erst entstehen lassen. Somit ist der Arbeitgeber fein raus. Doch diesen Auswirkungen der Angriffe auf unsere Arbeits- und Lebensbedingungen müssen wir als Arbeiterinnen und Arbeiter entschlossen entgegentreten und für sichere Arbeitsbedingungen, gute Zukunftsaussichten, bessere Löhne und kürzere Arbeitszeiten kämpfen, sodass wir sicher, gesund und ohne Zukunftsängste leben können.




